Gaby Moreno – Illusion (07/2016)

Das erste, was einem beim Durchhören von „Illusion“ auffällt: dieses Album ist im Gegensatz zu seinen Vorgängern „amerikanischer“ geworden, nicht nur weil englischsprachige Songs überwiegen (8 zu 5), sondern vor allem, weil mit Country, Western, Blues, Pop und Jazz Musikstile aus den USA das Album dominieren.

Gaby Moreno
Illusion
Termidor / Universal

Die Guatemaltekin Gaby Moreno lebt nun schon 16 Jahre in Los Angeles, war aber schon vor dieser Zeit von Blues, Jazz und Soul fasziniert (07_16/art_4/index.shtml). So eröffnet mit „Nobody to love“ ein langsamer Blues das Album, dessen Thema die zerbrochene Liebe ist. Letzteres ist nicht ungewöhnlich für die lateinamerikanische Liedkultur, allerdings bearbeitet Moreno das Thema – auch im dritten Song „Love is gone“ – ohne schmalzige Instrumentierung, sondern setzt eher auf düstere bzw. poppig-fröhliche Töne, die das Ende der Liebe fast als Befreiung feiern.

Ob Saloon-Klavier im Westernsong „Pale bright lights“ oder Countrymusic auf Spanisch („Maldición / Bendición“), mit Morenos Stimme und der jeweiligen Instrumentierung funktioniert es musikalisch immer und ist gleichermaßen schön wie interessant, auch wenn die Überraschungsmomente weniger sind als z.B. auf „Illustrated songs“ (/06_12/kol_4/index.shtml). Denn der von Moreno so geliebte Retrosound der 20er / 30er Jahre, den sie in einer Bar und in einem Stummfilmkino in Los Angeles lieben lernte (/07_16/art_4/index.shtml), klingt hier seltener an und auch „exotische“ Instrumente werden nicht ganz so oft in die Kompositionen eingebaut.

Im einzelnen: Der Countryfolksong „Fronteras“ handelt von den Gefühlen der Latinos in den USA, die spanisch gesungene „Rockballade“ „Hermana Rosetta“ ist eine Hommage an die US-Bluessängerin Rosetta Tharpe. Die düstere Ballade „Sálvese quien pueda“ beschreibt ein Sklavendorf in den Zuckerrohrplantagen, in dem alles schrecklich ist, und soll als Metapher dienen, für die aktuellen Zustände in Guatemala und in der Welt: „Rette sich wer kann!“ Da versöhnen zum Schluss der mexikanische Klassiker „La Malagueña“ und die im Stile von Doris Day gehauchte Ballade („Illusion“). Spannend und absolut hörenswert!

Cover: amazon