El Salar de Uyuni: die größte Salzwüste Südamerikas

Im bolivianischen Hochland nahe der Grenze zu Chile, sechs – sieben Busstunden von Potosí entfernt liegt die größte Salzwüste Südamerikas, der Salar de Uyuni. Über 12.000 Quadratkilometer erstreckt sich die oft meterdicke, glitzernde Salzschicht. In der weiten, weißen Wüste erzeugt das grelle Licht der gleißenden Sonne Spiegelungen, die an polare Eisflächen erinnern. Dabei geht das Zeit- und Raumgefühl völlig verloren, der Horizont ist kaum zu erkennen und es gibt keinerlei Anhaltspunkte für Entfernungen, nur Leere.

Wir sind zu acht im Jeep, Jorge der Fahrer, Benjamin unser Koch aus Oruro und wir, sechs zahlende Salzwüsten-Safaritouristen. Die beiden Bolivianer erzählen uns, daß sie die Tour durch den Salar, vom Uyuni aus, schon seit vier Jahren machen, und dass sie die ersten waren, die sich mit ihren neuen koreanischen Jeeps und einer Handvoll abenteuersüchtiger Europäer Routen durch diese extreme Landschaft gesucht haben.

Heute bietet jedes zweite Haus entlang der Hauptstraße in Uyuni vier- bis sechstägige Expeditionen mit Jeep, Fahrer und Koch an.Nach stundenlanger Fahrt durch das helle Nichts auf einer, für uns unsichtbaren, Salzpiste taucht plötzlich eine kleine, kakteenbewachsene Insel auf. Eine Fatamorgana? Eine Halluzination? Vertragen unsere Augen die Helligkeit nicht? Nichts von alledem. Der Jeep hält, wir stehen vor riesigen, uralten Kakteen. Unglaublich. Die Insel wirkt wie ein ausgetrocknetes Korallenriff, das vor Jahrmillionen auf dem Grund eines gigantischen Salzsees gelegen hat. Sinnigerweise spricht man von der Isla de pescadores, der Insel der Fischer.

Wir fahren weiter. Vorbei an ein paar Arbeitern, die mitten in der Wüste Salzblöcke aus dem Boden schneiden, die sie später an die Indios des Altiplanos für deren Tierhaltung verkaufen, wie uns Jorge erzählt. Ansonsten werden die immensen Salzbestände kaum genutzt. Es gibt keine Infrastruktur, und das Klima auf 3.600 Metern über dem Meeresspiegel ist eisig, so dass der Abbau viel zu kostspielig wäre. Die erste Nacht schlafen wir in Juan, einem kleinen, windzerfressenen Lehmhüttendorf am Rand des Salars.

Jorge und Benjamin kennen hier ein paar Leute, die Zimmer an Fremde untervermieten. Hotels, Pensionen oder etwas in der Art gibt es nicht. Überhaupt findet man außer einem Minikiosk, der Schokoriegel, Bier und Zigaretten verkauft, nichts was irgendwie an unsere gewohnte Konsumwelt des 20. Jahrhunderts erinnert. Die Nacht ist extrem kalt, wir liegen zu zweit in den Betten, unter Bergen von Wolldecken und der kompletten Goretex-Montur am Leib und frieren trotzdem.

Die grüne Lagune in der kargen, braunen Landschaft vor den Bergen, der natürlichen Grenze zu Chile ist die vollkommene Entschädigung für die durchgeforenen Zehen und die unbequeme Enge im Jeep. Flamingos staksen am Uferrand durch den See und hacken die dünne Eisschicht auf. Von wegen tropischer Hitze und Meeresnähe, hier auf 4230 Metern stolzieren sie auf ihren roten Beinchen durch das eisige Wasser.

Wir verbringen einen weiteren Tag im Jeep auf nicht existenten Pisten und fahren vorbei an Salzwüsten, Kakteeninseln, Bergseen, vereisten Bergketten, roten und grünen Lagunen, heißen Quellen, Geysieren, ewigen Weiten, Vicuñas und Flamingos. Was kommt als nächstes? Unser Fahrer versichert, daß es uns gefallen wird. Surreale Steinformationen, Teil einer zusammenhängenden, riesigen Skulptur mitten im Niemandsland.

Vom Wind ausgehöhlte Säulengänge von ungeklärter Herkunft, Kultstätten einer ausgestorbenen oder außerirdischen Kultur, vielleicht? Es ist kaum zu beschreiben, wie seltsam die bizarren Felsformationen unter dem unendlichen Wolkenhimmel inmitten der unbewohnten Mondlandschaft wirken.

Nach vier Tagen kommen wir abends ziemlich fertig wieder in Uyuni an, der vertrauten „Industriestadt“, mit sibirischem Flair und einem eigenen Eisenbahnfriedhof, wo ausrangierte Loks vor sich hin rosten. Wir freuen uns auf die erste „warme“ Dusche nach dem Trip.